Theater | Magazin - Spielzeit 22/23

83 Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke nach dem Roman von Joachim Meyerhoff Besetzung: Ensemble Altonaer Theater Regie: Henning Bock Produktion: Altonaer Theater, Hamburg Von einem, der auszog, Schauspieler zu werden – und bei den Großeltern einzieht. Nach dem großen Erfolg von „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ kommt nun der nächste Roman des großartigen Schauspielers und Autors Joachim Meyerhoff auf die Bühne. Die Kindheit auf dem Gelände einer riesigen Psychiatrie und das Austauschjahr in Amerika liegen hinter ihm, die Schulzeit hat er überstanden, als vor dem Antritt des Zivildienstes das Unerwartete geschieht: Joachim wird auf der Schauspielschule in München angenommen und zieht zu seinen Großeltern in die großbürgerliche Villa im vornehmen Stadtteil Nymphenburg. Er wird zum Wanderer zwischen den Welten. Tagsüber wird Joachim an der Schauspielschule systematisch in seine Einzelteile zerlegt, abends ertränkt er seine Verwirrung auf dem opulenten Sofa in Rotwein. Aus dem Kontrast zwischen großelterlichem Irrsinn und ausbildungsbedingtem Ich-Zerfall entstehen die den Erzähler völlig überfordernden Ereig- nisse – und gleichzeitig entgeht ihm nicht, dass auch die Großeltern gegen eine große Leere ankämpfen, während er auf der Bühne sein Innerstes nach außen kehren soll und dabei oft grandios versagt. Joachim Meyerhoff hat seine Kunst, Komik und Tragik miteinander zu verbinden, noch verfeinert. Sein Held nimmt sich und seine Umwelt immer genauer wahr und erkennt überall Risse, Sprünge und Lücken. Foto: © G2 Baraniak Samstag 11. Februar 2023 20.00 Uhr CHOCOLAT Produktion, Inszenierung, Textbearbeitung: Martin Mühleis mit Ann-Kathrin Kramer, Harald Krassnitzer und Les Manouches Du Tannes Produktion: sagas.ensemble GmbH Es ist Fastnacht, als Vianne Rocher mit ihrer kleinen Tochter Anouk in das französische Städtchen Lansquenet -sous-Tannes kommt. Direkt am Kirchplatz eröffnet sie eine Pâtisserie, einen kleinen Tempel für feinste Schokoladen. Für Pater Reynaud, den Dorfpfarrer, ist diese Art der „himmlischen Verführung“ absolut unakzeptabel. Rigoros verbietet er den Mitgliedern seiner Gemeinde jeden Umgang mit Vianne – und wird zu ihrem großen Gegenspieler. Auf äußerst amüsante Weise prallen zwei Lebenshaltungen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Abneigung gegen alles Fremde auf der einen Seite, Offenheit und Genuss auf der anderen. Reynaud sieht in Vianne, der alleinerziehenden Mutter einer unehelichen Tochter, die sich um die am Fluss lebenden Manouches kümmert, die Verkörperung des Bösen. Während sich Viannes Chocolaterie zum neuen Mittelpunkt des Dorfes ent- wickelt, flüchtet sich der Dorfpfarrer in immer ver- zweifeltere Beichten und Gebete, Intrigen und Verschwörungstheorien. Das Althergebrachte fühlt sich vom Modernen bedroht. Was bleibt ihm letztlich anderes übrig, als alles auf eine Karte zu setzen? Sonntag 12. Februar 2023 18.00 Uhr Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer als der Grantler und die charmante Verführerin – zwei Figuren, die dem sympathischen Schauspieler- Paar geradezu auf den Leib geschneidert sind. Lasse Hallströms Ver- filmung des Stoffes war ein Kinohit Anfang der 2000er Jahre. Diesen hatte die Kritik als Appell zur Toleranz gesehen – damals so aktuell wie heute. Foto: © Gia Carlucci

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