Theresa Guth
(…) Udo Samel gelingt es, diese Ambivalenz zu zeigen, wenn er mit naiver, kindlicher Freude in der Spielzeugwelt seiner Eisenbahn aufgeht und bald darauf mit anzüglichen Kommentaren gegenüber der weiblichen Ermittlerin Anstoß erregt. Mal aggressiv, mal hilflos stilisiert er sich zum Opfer, da er rechtmäßiger Erbe der Bilder sei.
Die Ermittler brechen in diese Welt ein und beschlagnahmen die Gemälde, die für Gurlitt längst zur Ersatzfamilie geworden sind. Aber die Figuren, die Boris Aljinovic und Anika Mauer darstellen, sind mehr als erbarmungslose Ermittler: Sie versuchen wie der Zuschauer das Unverständliche zu verstehen. Obwohl sie dabei sind, die Welt eines Menschen zu zerstören, teilt man ihre Absicht, Wahrheit zu entdecken. Auch der ungarische Kunsthändler gerät nicht zur Karikatur, sondern wird von Ralph Morgenstern als ein zwielichtiger, ironischer Charakter gespielt. (…)
Die schematische Anordnung der Personen auf der Bühne und ihr ausdrucksvolles Spiel scheinen das Gezeigte zu abstrahieren, aber die Präsenz und Intensität dieser großen Bühnenschauspieler vermeidet Plakativität, sondern zeigt bewegende, fast anrührende Figuren.
Fotos@Jochen Lewin
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