Das Orchester, die Norddeutsche Philharmonie aus Herford, befindet sich auf der Bühne hinter einem durchsichtigen, aber mit Laserprojektionen animierten Gaze-Vorhang und ist so während der ganzen Oper mit dem Dirigenten Frank Beermann sichtbar.
Die gesamte Handlung der Mindener Walküre spielt auf dem überbauten Orchestergraben. Neben der Einbindung von traditionellen Elementen (Hundings Haus, Walkürenfelsen) wird der Zuschauerraum in das Handlungsspiel eingebunden. Die Bühne wird von der Regie derart verändert, dass in den drei Akten die Grundordnung zwar gleich bleibt, der Handlungsstrang und die Stimmungen allerdings durch die Lichttechnik und marginale Veränderungen unterstützt und sichtbar gemacht wird. Beispielsweise wird der Feuerring am Schluss des 3. Akts mit visuellen Lichteffekten und Nebel aus dem vorderen Bereich des Orchestergrabens unterstützt, was zusammen mit der Musik eine ungemein starke Wirkung erzielt. Bei der Mindener Walküre wird komplett auf eine Anzeige des Textes als Übertitel verzichtet. Hier steht das gesungene Wort und die Musik im Vordergrund, was eine sehr angenehme und direkte Wirkung auf den Besucher entfaltet.
Musikalisch erzeugt die Mindener Walküre eine unglaubliche, fesselnde Wirkung und erreicht dabei insgesamt höchstes Niveau.
Herausragend ist das Wälsungen Paar, welches darstellerisch und gesanglich eine hervorragende Leistung abliefert.
Mit Thomas Mohr steht ein heldisch und kraftvoller Siegmund auf der Bühne. Bereits die ersten Töne „Wes Herd dies auch sei, hier muss ich rasten…“ sind von der Artikulation und Direktheit der Stimme hervorragend und lassen sehr positiv aufhorchen. Mohr zeigt an diesem Abend eine herausragende gesangliche Leistung.
Die Anlage der Partie des Siegmund ist von ihm sehr durchdacht, genau passend für den sich wandelnden emotionalen Zustand des Wälsungen.
Sein heldischer Tenor ist von einer ungemeinen, direkten Tragfähigkeit und Präsenz und weißt auch besonders in den mittleren und tieferen Lagen keine Schwachpunkte auf. In den exponierten Stellen des ersten Aktes wie „Ein Schwert verhiess mir der Vater, ich fänd’ es in höchster Not….“ entwickelt Thomas Mohr den stimmlichen Klang mit einem umfassenden Spannungsbogen bis die ganze tenorale Strahlkraft seiner Stimme bei „Wälse Wälse – Wo ist dein Schwert Das starke Schwert, das im Sturm ich schwänge, bricht mir hervor aus der Brust, was wütend das Herz noch hegt…“ hervorbricht. Die Rufe deutet er dabei durch seine Hände als tatsächliche Rufe an.
Dieser Siegmund versteht es, alle erforderlichen klanglichen Möglichkeiten, die sich aus dem Spiel und dem Text ergeben, auch stimmlich umzusetzen. In der Begegnung im zweiten Akt, vierte Szene zwischen Siegmund und Brünnhilde zeigt Thomas Mohr gesanglich auch seine lyrischen Fähigkeiten und bringt den inneren Zustand des Helden bei den Fragen an Brünnhilde grandios hervor. „In Walhalls Saal Walvater find` ich allein…“ und den folgenden Fragen wird der Zuhörer innerlich von dem facettenreichen Klang der Stimme berührt. Thomas Mohr hat mit diesem Mindener Siegmund an diesem Abend deutlich gezeigt, dass er zu den großen Vertretern der Heldentenöre im Wagner Fach gehört.
Magdalena Anna Hofmann zeigt als Sieglinde an diesem Abend eine ebenso herausragende Leistung. Sie ist eine starke, selbstbewusste Wälsungenschwester, die sich aus den Fesseln der Enge und Umklammerung lösen möchte und sich zu ihrem Zwillingsbruder Siegmund hingezogen fühlt.
Der Sopran von Magdalena Anna Hofmann hat ein sehr angenehmes, warmes Timbre und die Tragfähigkeit ihrer Stimme ist in allen Lagen deutlich vorhanden. Beeindruckend ist, dass sie auch in den Höhen ihre Stimmfarbe nicht ändern muss, sondern diese beibehalten kann. Sie versteht es, die Schwebung in der Stimme und die dynamische Vorstellung des Tones perfekt zu entwickeln, wie in ihrer Schlussszene mit „Nicht sehre dich Sorge um mich: einzig taugt mir der Tod….“.
Die klangliche Veränderung des Charakters der Musik nimmt sie mit einer beeindruckenden Sicherheit auch in den Höhen auf, um ihre hohe Emotion „Rette mich, Kühne! Rette mein Kind! Schirmt mich, ihr Mädchen, mit mächtigstem Schutz“ strahlend in erhabener Freude wiederzugeben.
Hier verbinden sich Musik und Gesang zu einer perfekten Einheit, die den Zuhörer im Innersten berührt.
Mit dieser Leistung kann Magdalena Anna Hofmann den Eindruck ihrer Isolde aus Hagen bestätigen und als Sieglinde sogar noch steigern. Sie gehört zu den Großen ihres Faches und empfiehlt sich mit diesen Leistungen definitiv für die großen Wagner-Bühnen.
Tijl Faveyts als Hunding hat ein großes Volumen, wobei man sich eine stärkere Schwärze in der Stimme wünscht. Die Stimmfärbung und der Klang sind dunkel angelegt, aber doch eher schlank, was durchaus passend ist. Etwas problematisch ist seine Artikulation, die aber den insgesamt positiven Eindruck nicht trübt.
Kathrin Göring als Frika stellt die Ehefrau des Göttervaters sehr gut dar. Stimmlich bringt sie alles mit, um die gekränkte und fordernde Ehefrau glaubhaft zu verkörpern. Der mündliche Eid allein reicht ihr nicht aus, Wotan muss seinen Eid mit seiner Unterschrift bestätigen
Sehr gut gestaltet sie die Interaktion mit ihrem Gatten, und zeigt dabei die triumphierende Ehefrau stimmlich und darstellerisch sehr gut auf.
Renatus Mészár ist der Mindener Wotan. Er zeigt stimmlich und darstellerisch eine sehr gute Leistung. Neben einem großen Volumen und genauer Anlage der Partie zeigt er, besonders im 3. Akt, durch die Änderung der Klangfarbe, genauen Dynamik und mit der getragenen Führung der Stimme den Zustand des Zweifelns, der Liebe, der Bestimmung des Vaters im Verhältnis zu seiner Tochter Brünnhilde auf. Am Schluss brilliert er mit einem fulminanten Abschied „Leb wohl du kühnes, herrliches Kind …..“ gesanglich und stellt so die ganze Pracht des Allvaters dar.
Auch die Mindener Brünnhilde Dara Hobbs ist eine echte Entdeckung. Stimmlich wirkt sie sehr jung, differenziert und schlank im Tonansatz. Bei ihrer ersten Auftrittsszene „Hojotoho, Hojotoho ,,,,,,“ zeigt sie auf den hohen Spitzentönen ein sehr wirkungsvolles Crescendo, ohne zu überziehen.
Besonders erfreulich ist, dass man Dara Hobbs stimmlich und darstellerisch die Tochter des Allvaters abnimmt. Überragend ist die gesangliche Leistung im 3. Akt der Walküre, in welchem Hobbs sämtliche Facetten von dynamischen und klanglichen Möglichkeiten stimmlich voll ausschöpft. Eine große Leistung.
Die Walküren (Kathrin Göring, Ines Lex, Christine Buffle, Katharina von Bülow, Julia Bauer, Dorothe Winkel, Tiina Penttinen, Yvonne Berg) der Mindener Produktion tragen ebenfalls zu dem insgesamt hohen Gesamtniveau bei. Sie überzeugen stimmlich vollends, wirken sehr harmonisch und klanglich hervorragend abgestimmt.
Eine absolute musikalische Spitzenleitung erreicht das Orchester, die Nordwestdeutsche Philharmonie unter dem Dirigat von Frank Beermann.
Mit Frank Beermann steht ein Dirigent am Pult, der die Partitur so verinnerlicht hat, dass er das Orchester und die Sängerinnen und Sänger von der Schönheit und dem Zauber der Partitur begeistert und mitreißt.
Er benutzt dafür alle einem Dirigenten zur Verfügung stehenden Mittel und entfacht damit das Leben und die Glut der Partitur. Die so entstandene und enorme Leistungsfähigkeit des Orchesters ist überragend. Jede Instrumentengruppe ist sich seiner Aufgabe in der Partitur und auch im Zusammenspiel mit den anderen Musikern bewusst und kann sie perfekt erfüllen.
Das Publikum feiert die Protagonisten der Walküre mit großer Begeisterung und standing ovation.
Diese Mindener „Walküre“ ist musikalisch und gesanglich ein Highlight, auf sehr hohem Gesamtniveau und in der szenischen Umsetzung schlüssig, innovativ und spannend mit einer außerordentlichen, langen Nachwirkung.
Resümee: Die Walküre des Stadt Theater Minden ist eine absolute Empfehlung
– hier: Stadttheater Minden.
Der Ring in Minden – Richard Wagner „Die Walküre“ Vorstellung vom 15.9.2019„Wer meines Speeres Spitze fürchtet,…
Gepostet von Richard Wagner Opern – live am Montag, 16. September 2019